Wassergeburt

Die Geschichte zeigt, dass Wassergeburten keineswegs eine Erscheinung der modernen Geburtshilfe sind: Überlieferungen zufolge kamen schon im alten Ägypten Babies im Wasser zur Welt. Zwischen 1970 und 1980 wurde den Prinzipien der sanften Geburt, die auf den französischen Gynäkologen Frédéric Leboyer zurückgehen, immer mehr Beachtung geschenkt und die Wassergeburt als eine sanfte Geburtsmethode wieder eingeführt.

Schwangere Frau bei einer Wassergeburt

Die Wassergeburt in die Geburtsmedizin

Mittlerweile gibt es in beinahe allen österreichischen Spitälern einen Raum, der mit einer Geburtsbadewanne ausgestattet ist.

Oft finden sich dort auch zusätzliche Hilfsmittel wie Gebärhocker, Gebärseil, Sprossenwand oder Pezziball. Dies erlaubt der Gebärenden ihre Position während der Geburt zu wechseln und/oder auf eine andere Geburtsmethode umzusteigen, falls sie sich im Wasser doch nicht wohlfühlt. Wer gerne in einem Geburtsbecken gebären möchte, der sollte diesen Wunsch möglichst gleich bei Ankunft im Krankenhaus bekannt geben, damit die Hebamme das entsprechende Kreisszimmer vorbereiten kann. Meist ist nicht jedes Zimmer mit einer Wanne ausgestattet.

Hebammen-Tipp von Margarete Wana: Im Rahmen von Kreißsaalführungen besteht die Möglichkeit, die Räumlichkeiten schon während der Schwangerschaft zu besichtigen. Werdende Mütter können sich die Geburtswanne ansehen und auch nach der Rate der Wassergeburten fragen.

Geburtspools

Grundsätzlich unterscheidet man mobile Geburtspools, also solche, die man transportieren und überall aufstellen kann, und fix eingebaute Geburtsbadewannen. In Spitälern und Geburtshäusern wird die Geburt überwiegend in befestigten Geburtswannen angeboten. Diese befinden sich meistens in einem Teil des Kreisszimmers.

Die Becken bieten genügend Platz für die gebärende Frau und sind relativ tief. Die Wassertemperatur kann reguliert und den Bedürfnissen der Gebärenden angepasst werden. Zur Geburt direkt sollte sie allerdings nicht höher als 34 Grad sein. Das hat damit zu tun, dass es nicht zu Kreislaufproblemen der Mutter und/oder des Kindes durch zu heißes Badewasser kommt. Häufig geben Hebammen Meersalz ins Wasser. Salz wirkt desinfizierend und da Fruchtwasser auch salzig ist, kann es für das Baby nicht schädlich sein. Auf andere Badezusätze sollte verzichtet werden. Manchmal befindet sich in der Geburtswanne auch eine Art Stufe, auf die sich die Frau stützen oder setzen kann. An den Seitenwänden sind immer verschiedene Griffe zum Festhalten angebracht.

Selten bietet die Wanne Platz für zwei Personen – der/die Geburtspartner*in kann die Gebärende dennoch von außen ausreichend unterstützen. Geburtsbecken sind stets gut zugänglich, sodass Hebamme und Arzt im Notfall rasch eingreifen können.

Bei einer Hausgeburt

Eine Wassergeburt ist unter bestimmten Voraussetzungen auch in den eigenen vier Wänden möglich. Dafür werden spezielle Geburtspools angeboten, die überall aufgestellt und relativ leicht transportiert werden können. Wer sich für diese Option entscheidet, sollte frühzeitig gemeinsam mit der Hebamme die räumlichen Gegebenheiten besprechen und für Reservierung, Abholung und Installation der Becken genügend Zeit einplanen. Die meisten Hausgeburtshebammen verfügen über Geburtspools, die man über sie mieten kann. Auch über Facebookgruppen werden Pools von Doulas oder Stillberaterinnen vermietet. Dabei kommt auch immer eine passende Einmalfolie, die aus hygienischen Gründen über den Pool gespannt wird, zum Einsatz. Selbstverständlich kannst du dir auch selbst einen Pool anschaffen. Bedenke jedoch, dass du dazu auch das komplette Zubehör (Luftpumpe, Wasserleitungsanschluss, Schlauch, Tauchpumpe, Auslassschlauch) benötigst.

Das Fassungsvermögen eines herkömmlichen Geburtspools liegt zwischen 600 und 800 Liter, die Abmessungen variieren je nach Form und Hersteller. Es gibt beispielsweise runde und ovale Wannen, auch welche, wo du die Höhe der Wände durch Luftkissen verstellen kannst.

Ablauf der Geburt

Im Grunde genommen ist der Ablauf einer Wassergeburt der gleiche wie bei einer Geburt ohne Wasserbecken. Der Unterschied ist einfach der, dass sich die gebärende Frau in allen oder einzelnen Phasen der Geburt mit dem Großteil ihres Körpers unter Wasser befindet. Nach der Aufnahme im Kreisszimmer wird die Schwangere vorbereitet. Wenn du möchtest, kannst du vorab einen Einlauf erhalten. In einigen Fällen wird ein fixer Venenzugang gelegt – dies erleichtert die Verabreichung von Medikamenten in einer fortgeschrittenen Phase der Geburt. Welche Vorbereitungen getroffen werden, ist von Klinik zu Klinik unterschiedlich.

Hebammen empfehlen Schwangeren, die eine Wassergeburt planen, sich im Vorfeld genau zu erkundigen, welche Standardabläufe auf der jeweiligen Geburtenstation üblich sind. Die Gebärende kann sich im Normalfall bereits während der Eröffnungsphase in das Geburtsbecken setzen. Das warme Wasser wirkt zu diesem Zeitpunkt besonders beruhigend und schmerzlindernd, durch den „Schwebezustand“ fällt es vielen Frauen leichter, sich zu entspannen und der Geburt ihren Lauf zu lassen. Die Herztöne des Babys werden auch im Wasser mittels wasserfestem, mobilen CTG oder Dopton überwacht.

Zur Unterstützung sind bei der Wassergeburt die Hebamme, gegebenenfalls ein*e Ärzt*in, der Geburtspartner und manchmal auch eine weitere Person, zum Beispiel eine Hebammenstundentin anwesend.

Wichtig: es müssen sich immer genug Personen im Raum befinden, damit die Gebärende im Notfall rasch aus der Wanne gehoben werden kann. In der Geburtsphase steht die Hebamme am Rand des Beckens unterstützend zur Seite und greift ein, sollte dies erforderlich sein. Nach der Geburt wird das Baby rasch aus dem Wasser geholt und auf den Bauch der Mutter gelegt. Die Hebamme kann den Allgemeinzustand des Kindes auch beurteilen, während dein Baby auf deiner Brust liegt.  

Die Sorge, dass das Kind ertrinken könnte, ist insofern unberechtigt, als Neugeborene über einen natürlichen Reflex verfügen, der verhindert, dass sie unter Wasser Luft holen. Die Nachgeburtsphase kann noch im Wasserbecken, aber auch im „Trockenen“ stattfinden.

Vorteile & Nachteile

Einige Studien sowie Erfahrungen in Spitälern zeigen, dass sich eine Wassergeburt positiv auf den gesamten Geburtsverlauf auswirken kann, sofern sich die Frau im Wasser wohl und von ihrer Hebamme gut betreut fühlt.

Vorteile einer Wassergeburt

  • Geringeres Risiko für Geburtsverletzungen wie beispielsweise Dammriss oder Dammschnitt durch das warme Wasser. Das Baby kann sich genau seiner Geburtsdynamik nach „auf die Welt herausdrehen“.
  • Wehenschmerzen werden weniger stark wahrgenommen – teilweise entstehen im Wasser längere Pausen zwischen den Wehen, die Gebärende als Erholungsphase nutzen können.
  • Schmerzmittel kommen seltener zum Einsatz.
  • Gebärende nehmen den gesamten Prozess entspannter wahr – das warme Wasser wirkt wie ein Schmerzmittel und bildet einen schützenden Mantel.
  • Der Übergang aus dem Mutterleib ist für das Neugeborene „sanfter“, da es in ein Element (Wasser) übergeht, das ihm bereits bekannt ist.
  • Auch in der Gebärwanne sind unterschiedliche Positionen möglich. Du kannst darin knieen, hocken oder sitzen.

Nachteile einer Wassergeburt

  • Eine Wassergeburt ist nur dann möglich, wenn medizinisch nichts dagegen spricht.
  • Mit einer PDA kann man nicht mehr in die Gebärwanne gehen.
  • Seitens des Geburtshilfeteams kann es zu verzögerten Reaktionszeiten im Notfall kommen, da die Gebärende vielleicht erst aus der Wanne geholt werden muss.
  • Kritiker sprechen von einem erhöhten Infektionsrisiko für Mutter und Kind bei einer Wassergeburt – dieser Aspekt wird jedoch seit Jahren kontrovers diskutiert, da die Hygienestandards in Spitälern und Krankenhäusern normalerweise ausgesprochen hoch sind.

Voraussetzungen

Gebärende, die eine Wassergeburt wünschen, müssen dafür aus medizinischer Sicht gewisse Voraussetzungen erfüllen, denn für bestimmte Risikogruppen wäre eine derartige Geburt schlichtweg zu gefährlich. Voraussetzungen sind:

  • Schwangere dürfen nicht unter einer oder mehreren Infektionen leiden z.B. HIV, Herpes.
  • Frauen, die einen unkomplizierten Schwangerschaftsverlauf hatten und nicht mit Schwierigkeiten während der Geburt zu rechnen ist.
  • Keine Risiken, bei denen ein Kaiserschnitt indiziert ist.
  • Das Fruchwasser muss klar sein, verfärbtes (grünes) Fruchtwasser lässt sich in der Geburtswanne nicht gut beurteilen.

Eine Wasser- und Hausgeburt auf Video

Expert*innen-Überprüfung durch

Margarete Wana, MSc.

Hausgeburtshebamme seit 2007 in Wien und Umgebung, Sachverständige für Geburtshilfe, Podcasterin "Zuhausegeboren - der Podcast", Protagonistin in den Büchern „Zuhause geboren - die unglaublichen Erlebnisse der Hebamme Margarete“ von Judith Leopold. Mehr über Margarete erfahren.

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Kommentare

Kommentar von Radlspöck Denise |

Hallo!

Ich möchte meine Plazenta nach der Geburt auspumpen lassen, ist es daher möglich, mein Baby gleich auf den Bauch zu bekommen und die Plazenta abzuwarten, bevor es untersucht wird?

LG

Antwort von Schwanger.at

Hallo Denise, es gibt bereits viele Geburtenstationen in Österreich, die ein frühes Bonding fördern. Idealerweise sprichst du schon vor der Geburt mit dem Team der Geburtshilfe und deponierst deinen Wunsch. Zusätzlich kannst du einen Geburtsplan verfassen, den du zur Entbindung mitbringst. Alles Gute!

Kommentar von Sabine |

Hallo, kann man sich auch erst im Verlauf der Geburt zur Wanne entscheiden? Was, wenn man z.B. bereits eine PDA bekommen hat? Kann man dann noch in die Wanne? LG

Antwort von Schwanger.at

Hallo Sabine, für eine Wassergeburt musst du dich in Absprache mit deiner Hebamme schon vor der PDA entscheiden. Eine PDA ist bei einer Entbindung in der Wanne nicht möglich. Alles Gute!

Kommentar von Georgiana Clara Munteanu |

Hallo!
Wie viel kostet eine Wassergeburt in Österreich?
Danke lg

Antwort von Schwanger.at

Hallo Georgiana, auf vielen Entbindungsstationen gibt es mittlerweile zumindest einen Kreißsaal mit einem Wassergeburtsbecken. Grundsätzlich ist eine Wassergeburt kostenlos – ob du allerdings tatsächlich eine Wassergeburt machen kannst, hängt davon ab, ob das Becken gerade belegt ist und ob von medizinischer Seite aus nichts dagegen spricht.

Auch Hebammen bieten häufig Wassergeburten an. Du bezahlst dann üblicherweise jenen Tarif, der für die Entbindung im Geburtshaus verrechnet wird. Einen Teil der Kosten bekommst du von der Krankenkasse rückerstattet. Erfahrungsberichte rund um die Geburt/Wassergeburt findest du auch im Babyforum.at. Alles Gute!

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