Multinationale INTERCOVID-Kohortenstudie: Morbidität und Mortalität von Neugeborenen und Schwangeren mit und ohne Covid-19-Infektion

Dass für Schwangere, die sich mit Covid-19 infizieren, ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Komplikationen besteht, legt eine Kohortenstudie nahe, die vor dem Sommer veröffentlicht wurde. Ein Forscherteam rund um das Nuffield Department of Women’s & Reproductive Health der Universität Oxford, United Kingdom (Villar, Kennedy, Papageorghiou), präsentiert die Ergebnisse einer multinationalen Kohortenstudie, die die Morbidität und Mortalität von Schwangeren mit und ohne Covid-19-Infektion sowie von Neugeborenen zum Untersuchungsgegenstand machte.

Fakten-Box

Titel im Original: Maternal and Neonatal Morbidity and Mortality Among Pregnant Women With and Without COVID-19 Infection The INTERCOVID Multinational Cohort Study

Veröffentlichungsdatum: 22.04.2021

StudienautorInnen: José Villar, Shabina Ariff, Robert B. Gunier et al.

Status: Peer Reviewed

Link: https://jamanetwork.com/journals/jamapediatrics/fullarticle/2779182

Hintergrund der Studie

Seit Anbeginn der Pandemie ist klar, dass sich eine Infektion mit dem Virus bei bestimmten Personengruppen stärker auswirken kann als bei anderen. Der Verlauf ist bei Kindern beispielsweise sehr mild und häufig ohne Symptome. Risikogruppen, Menschen mit Vorerkrankungen oder chronische Krankheiten, immunschwache Personen sowie ältere Menschen weisen häufiger einen schweren Verlauf auf als Personen, die nicht vorbelastet sind. Eine spezielle Gruppe ist in diesem Zusammenhang die Gruppe der Schwangeren, da man sie bislang nur in eine geringe Anzahl von Studien einschließen konnte und die Verlässlichkeit der Ergebnisse daher als eingeschränkt zu beurteilen ist. Ausgehend von dem Wissen, dass SARS (Schweres akutes respiratorisches Syndrom) und MERS (Middle East Respiratory Syndrom) zu Komplikationen in der Schwangerschaft führen können, sollte nun auch untersucht werden, wie Infektionen mit SARS-CoV-2 bei Schwangeren verlaufen und ob und wie sie sich auf die gesundheitliche Konstitution von Neugeborenen auswirken. Die konkrete Fragestellung lautete: Inwieweit verändert COVID-19 in der Schwangerschaft das Risiko für ungünstige mütterliche und neonatale Ergebnisse im Vergleich zu schwangeren Personen ohne COVID-19?

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Die multinationale Kohortenstudie wurde von José Villar von der Universität Oxford und einem internationalen Team betrieben. Die Studie umfasste 2.130 Teilnehmerinnen aus 43 Einrichtungen in 18 Ländern (Ägypten, Argentinien, Brasilien, Frankreich, Ghana, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Mexiko, Nigeria, Nordmazedonien, Pakistan, Russland, Spanien, Schweiz, Vereinigtes Königreich und die USA). Pro schwangerer Frau mit einer nachgewiesenen Covid-19-Infektion (Nachweis mittels Laborbestätigung, radiologischem Lungenbefund und/oder Vorhandensein von zumindest zwei typischen Covid-19-Symptomen) wurden unmittelbar zwei Schwangere ab 18. Jahren ohne Infektion und in einer ähnlichen Schwangerschaftsphase (Gestationsalter +/- zwei Wochen) in die Studie aufgenommen. Gestartet wurde die Aufnahme mit 2. März 2020 – insgesamt dauerte der Beobachtungs- und Aufnahmezeitraum acht Monate. Untersucht wurden also 706 Schwangere mit einer Covid-19-Diagnose und 1.424 schwangere Frauen ohne Diagnose. Geachtet wurden auf demografische Ähnlichkeiten, das Durchschnittsalter lag bei 30,2 Jahren. Für die Durchführung der Studie wurde mit mütterlicher und schwerer neonatalen Morbidität und Mortalität ein primäres Ergebnis festgelegt. Das sekundäre Ergebnis umfasste die individuellen Komponenten der ungewichtete Indizes.

Studienergebnisse

Aus der Studie geht hervor, dass schwangere Frauen mit einer Covid-19-Infektion ein 22-Mal höheres Sterberisiko haben als Frauen ohne Covid-19-Infektion. Infizierte Schwangeren wiesen eine höhere Rate an schwangerschaftsbedingtem Bluthochdruck, Präeklampsie/Eklampsie (Risikoerhöhung um 76 %) und Infektionen auf, die eine Behandlung mit Antibiotika erforderten. Ebenso war ein größeres Risiko für eine Einweisung auf die Intensivstation gegeben. Frauen, die mit einer Covid-19-Infektion auf der Intensivmedizin aufgenommen wurde, mussten im Schnitt 3,73 Tage länger dortbleiben als Schwangere ohne Infektion. Elf Frauen (1,6 %) mit COVID-19-Diagnose starben (Müttersterblichkeitsrate, 159/10 000 Geburten). Von diesen Frauen hatten vier eine schwere Präeklampsie (1 überlagert von chronischem Bluthochdruck und 1 in Verbindung mit einer Kardiomyopathie). Drei dieser vier Frauen litten an Atemversagen, das eine mechanische Beatmung erforderte, und die vierte Frau starb an einer Lungenembolie. Fünf Frauen hatten bereits vor der Geburt eine Ateminsuffizienz, die sich im Laufe der Schwangerschaft verschlimmerte. Zwei dieser Frauen entbanden per Kaiserschnitt, verstarben aber trotz Intensivbeatmung wenig später. Die übrigen 2 Frauen entwickelten Fieber, Husten und Atemnot innerhalb von 7 Tagen nach einer ereignislosen Entbindung und starben kurz darauf trotz intensivmedizinischer Betreuung. In der Vergleichsgruppe der Schwangeren ohne Covid-19-Infektion gab es einen Todesfall aufgrund einer schweren Vorerkrankung der Leber und Neubildung von bösartigen Tumoren. 416 Neugeborene von Frauen mit COVID-19-Diagnose wurden ebenfalls positiv auf SARS-CoV-2 getestet.

Empfehlungen der AutorInnen

Grundsätzlich kann man nicht davon ausgehen, dass Schwangere ein höheres Risiko haben, an Covid-19 zu erkranken. Die Studienlage weist jedoch darauf hin, dass das Risiko für einen schweren Verlauf und Komplikationen höher ist, wenn eine schwangere Frau erkrankt. Ebenso besteht ein höheres Sterberisiko im Vergleich zu Schwangeren, die sich nicht infiziert haben. Aufgrund der hohen Morbidität und Mortalität von schwangeren Frauen mit einer Covid-19-Infektion und ihren Neugeborenen im Vergleich zu nicht erkrankten Frauen aus einer ähnlichen Kohorte weltweit empfehlen die Autorinnen all jene Maßnahmen zu treffen, die im Sinne der Pandemie-Prävention für Schwangere von den nationalen Gesundheitsorganisationen beschlossen wurden. Ebenfalls erachtet man eine umfassende Begleitung von Schwangeren, die unter Covid-19 leiden sowie deren Neugeborenen nach der Entbindung als essenziell. Da bislang noch nicht exakt klar ist, welche gesundheitlichen Auswirkungen eine Erkrankung haben kann. Das inkludiert auch das sogenannte Long-Covid-Syndrom.

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