Kindersicherheit: Gift- und Gefahrenstoffe im Haushalt

Besondere Vorsicht ist bei Putzmitteln, Reinigungsprodukten, Waschpulver und allen chemischen Substanzen im Haushalt geboten. Gelangen sie in Kinderhände, können sie schwere Vergiftungen und Verätzungen  verursachen und zu lebensgefährlichen Organschäden führen. Auch Farben und Lacke im Innenbereich können ein Gesundheitsrisiko darstellen. Wir geben dir einen Überblick darüber, worauf du achten solltest, wenn du ein Kinderzimmer renovierst oder den Wänden einen neuen Anstrich verpasst. Wusstest du, dass auch Pflanzen eine Gefahrenquelle für Vergiftungsunfälle sein können? Wir haben für dich einen umfassenden Ratgeber zusammengestellt, der dir dabei hilft, Gefahrenquellen und bedenkliche Substanzen zu erkennen und hilft, Gefahrenquellen und bedenkliche Substanzen zu erkennen und zu reduzieren.

Was du beim Renovieren beachten musst

Wir empfehlen dir, Renovierungs- und Malerarbeiten an der Wohnung bereits vorzunehmen, wenn ein Kinderwunsch besteht. Man muss dabei nämlich bedenken, dass gewisse Lacke, Farben, Klebstoffe oder andere Renovierungsmaterialien nach der Verarbeitung für eine gewisse Zeit noch Dämpfe absondern, die insbesondere für Babys und Kleinkinder gesundheitsgefährdend sind. Auch Möbel (z. B.) im Kinderzimmer sowie Bodenbeläge müssen gelegentlich noch „ausdampfen“. Dabei kommt es auf das Material, das verwendet wird, und auf die Verarbeitung an. Fußbodenbeläge aus PVC, Teppich- und Korkböden und Kleber, die beim Verlegen von Parkett, Echtholz und Laminat verwendet werden, geben häufig chemische Substanzen an die Raumluft ab.

Eine Studie, die 2015 vom Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Deutschland durchgeführt wurde, kam zu folgendem Ergebnis: Wurde im Wohnraum einer schwangeren Frau ein neuer Boden verlegt, erhöhte dies das Risiko für Atemwegsbeschwerden beim Baby zumindest im gesamten ersten Jahr nach der Geburt. Insbesondere aus Teppichböden und PVC-Belägen entweicht Styrol oder Ethylbenzol (die Grundsubstanz). Es handelt sich hierbei um eine chemische Kohlenwasserstoffverbindung, die sich mit der Zeit verflüchtigt, jedoch als gesundheitsgefährdend gilt. Babys sind ohnehin anfälliger für Schadstoffe und auch Kleinkinder verbringen viel Zeit liegend oder krabbelnd am Boden – sodass, sie ein erhöhtes Risiko haben, die schädlichen Dämpfe einzuatmen. Besonders gefährdet sind jene Kinder, die unter Asthma leiden oder deren Eltern von Asthma betroffen sind.

Hinweis: Auch in der Schwangerschaft solltest du gewisse Renovierungsarbeiten deinem Partner oder deiner Partnerin bzw. lieben Helfer*innen überlassen, um die unnötige Aufnahme von Schadstoffen zu vermeiden.

Tipps für die Renovierung von Böden

  • Verwende Naturmaterialien oder naturbelassenes Holz.
  • Verzichte, wenn möglich, auf PVC-Böden sowie Teppichböden (gewisse Teppiche werden mit einem chemischen Mottenschutz vorbehandelt, der ebenso ausdünsten kann).
  • Für Teppich- und Korkböden empfiehlt die deutsche Verbraucherzentrale „Das Kork-Logo®“ sowie das „GuT-Teppich Siegel“.
  • Wenn du einen Holz- oder Laminatboden verlegen möchtest, kannst du auf jene Produkte zurückgreifen, die mit „Der Blaue Engel“, Eco Institut Tested Product oder dem natureplus®Logo versehen sind. In Österreich gibt es zusätzlich noch das österreichische Umweltzeichen, welches du ebenfalls als verlässliches Gütesiegel betrachten kannst.
  • Böden sollten möglichst ohne Kleber verlegt werden. Ist dies nicht möglich, gibt es ökologische Alternativen, die als emissionsarm zertifiziert wurden.
  • Renovierungsarbeiten möglichst schon vor der Schwangerschaft oder zumindest einige Monate vor Geburtstermin erledigen, wenn es zeitlich nicht anders realisierbar ist. Zimmer gut auslüften!

Wandfarben und Lacke

Kommen wir zum nächsten Punkt, über den wir beim Thema Renovieren unbedingt sprechen müssen. Die Freude auf den Familienzuwachs geht häufig auch mit dem Wunsch oder der Notwendigkeit einer räumlichen Veränderung einher. Gerade während der Schwangerschaft gibt es die wunderschöne Phase des sogenannten Nestbaus. In dieser Zeit möchtet ihr eurem Nachwuchs ein heimeliges Zimmer einrichten und vielleicht auch an der Wohnung ein paar Veränderungen vornehmen. Möglicherweise muss ein Arbeitszimmer umgestaltet oder eine Wand eingezogen werden, um mehr Platz zu schaffen. Vielleicht wollt ihr euch aber vor der Geburt räumlich noch einmal komplett verändern. Unabhängig ob ihr umzieht oder die eigenen vier Wände umgestaltet: Nicht selten gehört dazu ein frischer Anstrich. Wandflächen nehmen sehr viel Raum ein, daher ist es wichtig, bei der Wahl der Farbe auf Schadstofffreiheit zu achten. Du hast dabei folgende Möglichkeiten:

  • Du kannst Farben und Lacke verwenden, die nach strengen Kriterien auf Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit geprüft wurden. Entsprechende Siegel bestätigen, dass die Wandfarben keine umwelt- und gesundheitsschädigenden Stoffe enthalten und auch keine anderen Substanzen an die Raumluft abgeben. Die hier relevanten Prüfsiegel sind „Der blaue Engel“, „Das österreichische Umweltzeichen“, natureplus® und Eco Institut Tested Product.
  • Eine Alternative zu diesen Farben sind mineralische Farben auf Naturbasis. Sie gelten als umwelt- und gesundheitsverträglich, ökologisch und widerstandsfähig.
  • Achte darauf, immer nur solche Farben zu verwenden, die auch für den Innenbereich gedacht sind.

Wenn du mit Lacken arbeiten möchtest, z. B., um die Heizung zu streichen oder Möbelstücke zu renovieren, sind ebenfalls die Inhaltsstoffe der Lacke ausschlaggebend. Schließlich geben die bearbeiteten Einrichtungsgegenstände noch für einen gewissen Zeitraum Dämpfe an den Raum ab. Achte darauf, dass der Lack ein entsprechendes Gütesiegel besitzt und vollkommen und emissionsfrei ist. Und noch ein Tipp:

Experten-Tipp von Dr. med. Snjezana-Maria Schütt: Arbeiten mit Lack oder anderen Sprühmitteln darfst du in der Schwangerschaft gerne anderen überlassen. Solltest du selbst handwerklich tätig werden wollen, besorge dir einen guten Atemschutz. Achte jedoch darauf, dass die Sauerstoffzufuhr durch eine Atemschutzmaske nicht eingeschränkt ist und du dir ausreichend Arbeitspausen gönnst!

Vorsicht bei Blumen und Grünpflanzen

Grünpflanzen verbessern nicht nur das Raumklima, indem sie die Luft befeuchten und Sauerstoffliefern, sie machen einen Raum auch sehr gemütlich. Wenn du Pflanzen in deinen Innenräumen aufgestellt hast und/oder gerne mit Blumen dekorierst, solltest du dich im Vorfeld erkundigen, welche dieser Gewächse ungefährlich für Kinder sind. Gerade Topfpflanzen oder jene, die leicht erreichbar sind, werden gerne „bespielt“. So kann es schon vorkommen, dass dein Kind mit der Blumentopferde experimentiert oder Pflanzenteile verschluckt. Folgende Grünpflanzen solltest du in Innenräumen vermeiden, da sie giftig sind (Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit – bitte Zimmerpflanzen auf eigene Verantwortung hin prüfen):

  • Alpenveilchen
  • Lilie
  • Anthurie
  • Monstera
  • Maiglöckchen, Tulpen, Hyazinthen
  • Amaryllis
  • Ficus Benjaminii
  • Gummibaum
  • Weihnachtsstern
  • Dieffenbachie
  • Calla
  • Clivia
  • Flamingo-Blume
  • Primeln

Auch Pflanzen im Außenbereich können für Kinder giftig sein. Erkundige dich am besten im Fachhandel.

Reinigungs-, Waschmittel und Chemikalien

Besonders für Säuglinge und Kleinkinder sind Gegenstände und Produkte, die im Alltag häufig benutzt werden, von großem Interesse. Dabei erregen vor allem bunte Farben und ungewöhnliche Formen schnell ihre Aufmerksamkeit. Da Kinder kaum über ein Gefahrenbewusstsein verfügen und gleichzeitig eine große Freude daran haben, ihre Umwelt mit allen Sinnen, vor allem auch über den Mund, zu erkunden, stellen Vergiftungen durch Reinigungsmittel einen häufigen Unfallschwerpunkt im Kindesalter dar.  Da Vergiftungen zu schweren Organschädigungen führen und im schlimmsten Fall tödlich enden können, gehören Reinigungs- und Waschmittel nicht in Kinderhände und sollten stets sicher und außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden. Das gilt ebenso für Chemikalien, Insektenmittel, Dünger sowie Spezialreiniger, die im Haushalt verwendet werden. Folgendes solltest du beachten, um hier auf Nummer sicher zu gehen:

  1. Grundsätzlich sind alle Wasch-, Putz- und Spülmittel kindersicher zu verwahren. Entweder lagerst du sie in einem verschließbaren Schrank oder du platzierst sie so weit oben, dass sie von Kindern auch mit Kletterhilfe nicht erreicht werden können. Du solltest dich auch nicht auf dreh- und kindersichere Verschlüsse verlassen. Manche Kinder sind unglaublich kreativ und geschickt, wenn es darum geht, verbotene Flaschen und Verpackungen zu öffnen.
  2. Spül- und Reinigungsmittel niemals in Trinkflaschen oder herkömmliche PET-Flaschen umfüllen. Es besteht Verwechslungsgefahr.
  3. Geschirrspültabs und Waschmittelcaps immer kindersicher aufbewahren. Sie wirken auf Kinder wie Spielzeug oder bunte Bausteine und dadurch sehr anziehend.
  4. Spezialreiniger, Chlor, Insektizide, Pestizide, Düngemittel, Rohrreiniger und Entkalker immer separat aufbewahren – idealerweise außerhalb der Wohnung, z. B. in einer verschließbaren Garage oder Werkzeugkammer. Solltest du eines dieser Mittel verwenden müssen, lies bitte aufmerksam die Beschreibung durch, denn viele dieser chemischen Substanzen sind für Schwangere, Kleinkinder und Kinder gesundheitsgefährdend.
  5. Mittlerweile gibt es auch schon zahlreiche Alternativen zu klassischen chemischen Reinigern. Du kannst Putzmittel selbst herstellen, z. B. mit Essig oder Zitronensäure, oder auf biologische, gesundheitsverträgliche Alternativen aus dem Bioladen zurückgreifen.

So stellst du Wasch- und Putzmittel selbst her

Die Haut von Babys und Kleinkindern ist noch sehr empfindlich und sollte daher vor hautreizenden Substanzen, Farb- und Duftstoffen sowie Konservierungszusätzen geschützt werden. Chemiekeulen sind ohnehin tabu, wenn du mit Kindern in einem Haushalt lebst. Achte im Speziellen auf Spezialreiniger wie Abflussreiniger, Backofenschaum, WC-Reiniger, Entkalker, Insektenmittel sowie auf die Inhaltsstoffe deines Waschpulvers, das ebenfalls Hautreizungen verursachen könnte. Je nachdem, welchen Bereich deines Haushalts du reinigen oder ob du auf Waschmittelalternativen umsteigen möchtest, wir haben ein paar Tipps für dich:

  • Aus Essig oder Zitronensäure lassen sich Allzweckreiniger herstellen, mit denen du alle Oberflächen und auch Böden saubermachen kannst.
  • Zitronensäure oder Essig können auch zum Entkalken von Kaffeemaschine und Wasserkocher verwendet werden
  • Backpulver oder Natron helfen dabei, trockene Schmutzreste zu lösen und weiße Wäsche dezent zu bleichen.
  • Gallseife kannst du als natürlichen Fleckenentferner für alle Flecken in Textilien verwenden.
  • Naturbelassene Öle, wie z. B. Olivenöl oder Leinöl, kannst du verwenden, um Holzoberflächen wieder aufzufrischen.
  • Weichspüler können -durch die darin enthaltenen Duft-, Farb-, oder Konservierungsstoffe- zu Hautreizungen führen. Da sie außerdem die Umwelt belasten und laut Umweltbundesamt für den Wasch- und Reinigungsvorgang nicht nötig sind, solltest du auf den Einsatz verzichten, wenn du ein Baby oder ein Kleinkind hast. Stattdessen kannst du z. B. einen Schuss einfachen Haushaltsessig verwenden.
  • Kernseife ist ebenfalls ein Alleskönner. Wenn du sie raspelst und im richtigen Verhältnis mit Wasser und einem Spritzer Zitrone vermischst, kannst du fettige Oberflächen im Handumdrehen reinigen.
  • Aus Kernseife, Natron und Backpulver kannst du auch ein natürliches Waschpulver herstellen.

Ätherische Öle, Duftmittel und Kosmetikprodukte

Bitte beachte, dass ätherische Öle -vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern- Reizungen und Atemwegsbeschwerden verursachen können, selbst dann, wenn sie naturbelassen sind. Bewahre die Öle außerhalb der Reichweite von Kindern auf. Das Gleiche gilt für Duftlampen, Raumsprays, Duftvernebler und Räucherstövchen. Ebenfalls ist Vorsicht geboten bei Kosmetikprodukten und stark parfümierten Cremes und Lotionen.

Expert*innen-Überprüfung durch

Dr.med. Snjezana-Maria Schütt

Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, zweifache Mutter und Gründerin von „die-kinderherztin“. Seit vielen Jahren engagiert sie sich für Gesundheitsaufklärung im Netz. Ihr Buch Erste Hilfe für Baby und Kind ist 2025 im GU Verlag erschienen. Zum Buch

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