Pränataldiagnostik: Mehr Aufklärung bei vorgeburtlichen Tests gefordert

Schwangeren steht in Österreich und im Großteil Europas ein sehr breites Angebot an Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft zur Verfügung. Nach der Geburt sind ebenso Untersuchungen der Mutter als auch des Kindes bis zum fünften Lebensjahr vorgesehen. Geregelt werden diese im Rahmen des Mutter-Kind-Passes. Es handelt sich dabei um ein Dokument und Vorsorgeprogramm gleichermaßen. Pränataldiagnostische Tests sind im Mutter-Kind-Pass nicht vorgesehen. Sie müssen separat in Anspruch genommen werden, entweder als private Leistung oder aufgrund einer medizinischen Indikation. Welche Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen und wie Eltern bei Diagnosen beraten werden, wurde nun vom Austrian Institute for Health Technology Assessment in Wien erhoben.

Pränataldiagnostik

Vergleichsstudie in Europa

Gemeinsam mit ihrem Team hat sich Forscherin Inanna Reinsperger vom Austrian Institute for Health Technology Assessment angesehen, wie Pränataldiagnostik in sechs unterschiedlichen europäischen Ländern geregelt ist, welche Finanzierungsmodelle und Vorsorgeprogramme es gibt. Ausgewählt wurden sechs Länder, die sich in relevanten Kriterien wie Gesundheits-/Versicherungssystem, geografische Lage, Berufsgruppen, die in der Schwangerenvorsorge involviert sind, unterscheiden. Der Vergleich umfasst: Deutschland, Niederlande, Schweiz, das Vereinigte Königreich, Norwegen und Italien. Die in die Studie eingeschlossenen Tests gliedern sich in:

  • First Trimester Screening (FTS)/Combined Test (CT): Screening auf Trisomie 21 (T21), Trisomie 18 (T18) und Trisomie 13 (T13)
  • Nicht-invasiver Pränataltest (NIPT): Screening auf v. a. T21, T18 und T131
  • Invasive Tests (Amniozentese/Chorionzottenbiopsie)
  • Ultraschallscreening im zweiten Trimester („Organscreening“)

Das ForscherInnen-Team wollte herausfinden, ob und unter welchen Indikationen oben genannte Tests Schwangeren angeboten werden, wie die Finanzierung der Tests aussieht (Eigen- oder Kassenleistung) und wo die Untersuchungen durchgeführt werden, z.B. im Krankenhaus oder bei niedergelassenen FachärztInnen.

Die Ergebnisse der Studie

First Trimester Screenings und Combined Tests werden in der Schweiz, im Vereinigten Königreich und in Italien allen Schwangeren angeboten und von öffentlicher Hand finanziert. In den Niederlanden und Norwegen sind diese Tests nicht mehr verfügbar, sie wurden 2021 durch die nicht invasiven Pränataltests (NIPT) ersetzt. In Deutschland sind ein First Trimester Screening und ein Combined-Test eine sogenannte IGeL-Leistung. Das sind Eigenleistungen, die vom Patienten/der Patientin privat bezahlt werden müssen. Anders sieht es hingegen beim NIPT aus. Er wird in den Niederlanden als primäres Screening mit einem Selbstbehalt von 175 Euro angeboten. In der Schweiz, in Norwegen und dem Vereinigten Königreich ist dieser Test als sekundäres Screening vorgesehen. Eine Kostenübernahme ist möglich, wenn eine entsprechende medizinische Indikation besteht. In Italien gibt es regionale große Unterschiede in Bezug auf Kostenübernahme und Angebot. In Deutschland wurde der NIPT 2022 bei bestimmten Indikationen als Kassenleistung ins System der Krankenkassen übernommen.

Bei invasiven Tests zeigen sich Ähnlichkeiten. Sie werden in allen Ländern angeboten und finanziert, jedoch müssen zwingend medizinische Risikofaktoren bestehen. Dazu zählen auffällige Ultraschallbefunden, auffällige Ergebnisse von First Trimester Screening, Combined Test oder NIPT. Durchgeführt werden die Untersuchungen in Krankenhäusern oder speziellen Pränatalzentren. Organscreenings rund um die 20. Schwangerschaftswoche werden ebenfalls in allen Ländern angeboten und bei Indikation auch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Schwangere in Deutschland benötigen dafür eine Überweisung.

Beratung als zentrales Element

Zur Diskussion stellen die StudienautorInnen einen interessanten und für werdende Eltern relevanten Punkt: Wie und wann Eltern rund um diese Tests beraten werden, ist von größter Wichtigkeit. Unklare Befunde und unerwartete Ergebnisse können zu großer Verunsicherung führen. Tests bilden Wahrscheinlichkeiten ab. Sie können im Normalfall nicht als eindeutige Hinweise gesehen werden, häufig sind weitere Tests erforderlich. Eltern sollten in so einer Situation nicht alleine gelassen werden und sich zudem bewusst sein, was es bedeutet, einen pränatalen Test durchführen zu lassen. In einer Aussendung des Austrian Institute for Health Technology Assessment heißt es dazu:Schwangere Frauen und Paare müssen dabei unterstützt werden, eine autonome, informierte Entscheidung für oder gegen die Inanspruchnahme dieser Untersuchungen zu treffen. Dafür braucht es insbesondere eine qualitativ hochwertige und neutrale Beratung sowie eine qualitätsgesicherte Ausbildung und kontinuierliche Fortbildung der Berater*innen.“ Zudem wäre ein breiter Dialog zum Thema Pränataldiagnostik auch in Österreich wünschenswert, um einen Diskurs und Entscheidungen auf Systemebene zu ermöglichen.

Pränataldiagnostik und Kostenübernahme in Österreich

Alle Untersuchungen, die im österreichischen Pränataldiagnostikprogramm enthalten sind, müssen grundsätzlich von der Schwangeren selbst bezahlt werden, sie sind nicht per se eine Kassenleistung. Wenn allerdings ein auffälliges Ergebnis einer vorangegangenen Untersuchung oder gewisse medizinische Risikofaktoren vorliegen, kann der Arzt/die Ärztin eine pränataldiagnostische Untersuchung anordnen. Die Kosten dafür werden dann von der Krankenkasse übernommen.

Die Studie im Detail findest du hier.

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